Diskussion zur Maillard-Reaktion

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hoppelstaedt
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Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von hoppelstaedt »

DeLorean hat geschrieben: Mi 23. Mai 2018, 08:13 Wie dick hattest Du die Steaks geschnitten und wie nach dem SV-Bad fertig gestellt ?

Alles unter 4 cm ist Aufschnitt. Die waren schon amtlich mit 3-4 cm. Zum Anmalen sind sie im Anschluss in meinen Single gewandert.

Um die Bräunung..... ne ich fang noch mal neu an wegen rechtem Geschwafel und so... :lol

Um die Maillard-Reaktion zu beschleunigen, hatte ich auch mal mit Brandbeschleunigern experimentiert.

Mache eine Mischung aus:
1 El Öl
1 El Sherry
1 Msp Zucker
1 Msp Natriumhydrogencarbonat (Backpulver)
1/2 Msp Zimt.

Das geht recht fix dann. Hab den Tipp aus dem ollen Forum.
Zuletzt geändert von DeLorean am Mi 23. Mai 2018, 18:53, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Thema Maillard-Reaktion aus ursprünglichem Thema abgetrennt
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DeLorean
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Re: Badezeit für T-Bone Dry Aged

Beitrag von DeLorean »

Hmmm ich bin da ja eher Purist - aber ich experimentiere ja auch gern... werde das bei Gelegenheit mal testen.
Ciao
Andreas

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Re: Badezeit für T-Bone Dry Aged

Beitrag von licht77 »

hoppelstaedt hat geschrieben: Mi 23. Mai 2018, 12:40 Um die Maillard-Reaktion zu beschleunigen, hatte ich auch mal mit Brandbeschleunigern experimentiert.
Das geht recht fix dann. Hab den Tipp aus dem ollen Forum.
Fachlich ist das leider nicht ganz richtig. Das Teil wird zwar "brauner" und der Zucker karamellisiert- aber mit der Maillardreaktion hat das nichts zu tun.
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Re: Badezeit für T-Bone Dry Aged

Beitrag von g0t0 »

licht77 hat geschrieben: Mi 23. Mai 2018, 13:55
Fachlich ist das leider nicht ganz richtig. Das Teil wird zwar "brauner" und der Zucker karamellisiert- aber mit der Maillardreaktion hat das nichts zu tun.
Das ist aber laut "Modernist Cuisine" von Myhrvold auch fachlich nicht richtig. ;) Haushaltszucker (Saccharose) karamellisiert ab 160°C, die Maillardreaktion läuft auch schon ab 90°C (seehr) langsam und bei 130°C am schnellsten ab.

Das Backpulver (alkalisch) hebt den pH-Wert an und beschleunigt damit die Maillardreaktion, der Zucker unterstützt ebenfalls die Maillardreaktion, da bei dieser Zucker mit Proteinen/Aminosäuren reagiert.

Das Öl wird wahrscheinlich als Träger für den Zucker und das Backpulver dabei sein, beim Zimt sehe ich keinen direkten Zusammenhang zur Maillardreaktion und der Sherry sollte durch die Säure ja sogar kontraproduktiv sein. Wahrscheinlich ist beides nur zur Würzung darin.

Zu der Badezeit:
Ebenso nach "Modernist Cuisine" sollte bei 3cm Dicke des Fleisches in 120 Minuten ein Temperaturunterschied von 50°C (z.B. von 4°C auf 54°C) bis auf den Kern 'durchgezogen' haben. Dies gilt für eine Wassertemperatur 1-2°C höher als die Ziel-Kerntemperatur.
Eine 6.5D-Reduzierung (1D enspricht einer Reduzierung um Faktor 10, also entspricht 6.5D 99,99995%) geschieht bei Salmonellen, die am temperaturunempfindlichsten sind, bei 54°C ebenso nach etwa 120 Minuten. Alle anderen Bakterien sind bei dieser Temperatur entsprechend noch weiter reduziert.
Badest du dein Fleisch also 4h, so sollte es also komplett gleichmäßig auf 54°C temperiert sein und auch der Kern sollte ausreichend pasteurisiert sein. Erst recht wenn man bedenkt, dass es unwahrscheinlich ist, dass im Kern überhaupt viele Bakterien vorhanden sind, wenn das Fleisch nicht mechanisch bearbeitet wurde (z.B. mit einem Jaccard um es zarter zu machen).

Disclaimer: Das ist kein medizinischer Rat, ich bin nicht für Krankheiten (mit Todesfolge) auf Grund meines Textes verantwortlich, jeder handelt auf eigene Gefahr. Eine ausreichende Reduzierung von Krankheiten ist erst bei vollständigem Durcherhitzen erreicht :D
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Re: Badezeit für T-Bone Dry Aged

Beitrag von licht77 »

g0t0 hat geschrieben: Mi 23. Mai 2018, 15:24 Das ist aber laut "Modernist Cuisine" von Myhrvold auch fachlich nicht richtig.
Also beschleunigt aufgetragener Zucker die Maillard Reaktion?
Oder beschleunigt ein veränderter PH Wert die M-Reaktion in einem relevantem Maß?

Lasse mich gerne weiterbilden - bitte um Quellen! lg
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hoppelstaedt
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Re: Badezeit für T-Bone Dry Aged

Beitrag von hoppelstaedt »

licht77 hat geschrieben: Mi 23. Mai 2018, 13:55 Fachlich ist das leider nicht ganz richtig.

Das mag sein. Ich hab nur die Infos aus dem Thread gezogen und der Storkracer schrieb dazumal

" Das Hyrogencarbonat erhöht den pH-Wert und trägt dazu bei, dass die Maillard schneller rund besser läuft. Bei heissem Grill oder Pfanne hast es in 40 sec durchgezogen. Vom Grill (Pfanne) runter und mit Jus glacieren... "
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Re: Badezeit für T-Bone Dry Aged

Beitrag von licht77 »

Das ist doch ein echt spannendes Thema - sollten wir einen eigenen Thread aufmachen?

PS: hab das damals selber getestet... Brauner ja, besser nein. :-)
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IMG_20180128_185752-01.jpeg
Zuletzt geändert von licht77 am Mi 23. Mai 2018, 15:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Badezeit für T-Bone Dry Aged

Beitrag von g0t0 »

licht77 hat geschrieben: Mi 23. Mai 2018, 15:28 Also beschleunigt aufgetragener Zucker die Maillard Reaktion?
Oder beschleunigt ein veränderter PH Wert die M-Reaktion in einem relevantem Maß?

Lasse mich gerne weiterbilden - bitte um Quellen! lg
Kurz: Ja, wie oben geschrieben ;)
Zucker und Aminosäuren sind Teil der Maillard-Reaktion. Es liegt also nahe, dass durch Hinzufügen von Zucker auch die Reaktion verstärkt werden kann. (Bzw. es ist eher unwahrscheinlich, dass ein moderates hinzufügen von Zucker die Reaktion hindert). Ich bin allerdings auch kein Chemiker.
Ob ein Einstreichen kurz vor dem Grillen auf dem OHG dazu ausreichend ist oder ob der Zucker auch etwas tiefer in das Fleisch diffundieren muss ist eine andere Frage.

(Wissenschaftliche) Quellen habe ich (außer "Modernist Cuisine") auf die schnelle nicht viele zu dem Thema gefunden, zumindest keine, die "ein höherer pH-Wert und Zucker erhöhen die Reaktionsgeschwindigkeit/ liefern ein höheres Reaktionsprodukt" als direkte Aussage haben.
Diese Quelle scheint die These allerdings (bei schnellem Querlesen) zu unterstützen.

Ein saurer pH-Wert reduziert übrigens wohl auch die Maillardreaktion.

EDIT: In dem Badezeit-Thread hat [mention]Jones16v[/mention] folgendes Dokument genannt: http://www.addelice.com/docs/sous_vide_handbuch.pdf. Hier finden sich auf Seite 16 Erläuterungen und weitere Quellen dazu.
licht77 hat geschrieben: Mi 23. Mai 2018, 15:39 Aber das ist doch ein echt spannendes Thema - sollten wir einen eigenen Thread aufmachen?
Macht Sinn, das ist ja nicht mehr Teil von "Sous Vide".
Zuletzt geändert von g0t0 am Mi 23. Mai 2018, 17:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Badezeit für T-Bone Dry Aged

Beitrag von DeLorean »

Ich merke schon... wir haben ein paa echte Grill-/Koch-Nerds unter uns :bravo:
Ciao
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Re: Badezeit für T-Bone Dry Aged

Beitrag von g0t0 »

licht77 hat geschrieben: Mi 23. Mai 2018, 15:39 PS: hab das damals selber getestet... Brauner ja, besser nein. :-)
Was genau hast du da getestet? Gebräunt vs verkohlt? ;)

Über 180°C findet Pyrolyse statt, was zur Verkohlung führt und die Aromen der Maillard-Reaktion überlagern.
Hohe Temperatur ist zwar gut um die die Reaktionen auf der Oberfläche stattfinden zu lassen, ohne dabei den Gargrad des Fleisches im Inneren wesentlich zu verändern. Zu viel Hitze, die zu lange auf das Fleisch wirkt, ist aber auch nicht förderlich.
An diesem Punkt gilt wieder "je höher die Temperatur, desto wichtiger das Timing", der Punkt, an dem Sous Vide für das Innere des Fleisches seinen Vorteil ausspielt.

[mention]DeLorean[/mention]: Willst/Kannst du die (Teil-)Beiträge zur Maillard-Reaktion in einen eigenen Thread abspalten, bevor es hier das Thema sprengt?
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Re: Duskussion zur Maillard-Reaktion (geändert durch DeLorean)

Beitrag von DeLorean »

Für sinnvoll erachtet und erledigt.
Ciao
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Re: Duskussion zur Maillard-Reaktion (geändert durch DeLorean)

Beitrag von axel »

Hi,

du müsstest noch einen Rechtschreibfehler behen sofern nicht beabsichtigt :tease:

Ich würde allerdings als Titel nur Maillard-Reaktion nehmen. Alles andere ist ja Füllung.
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Re: Duskussion zur Maillard-Reaktion (geändert durch DeLorean)

Beitrag von DeLorean »

axel hat geschrieben: Mi 23. Mai 2018, 18:00du müsstest noch einen Rechtschreibfehler behen sofern nicht beabsichtigt :tease:
Du meinst den rot markierten oder :lol :lol :lol
Ciao
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von axel »

:rockout: :lol: :cheers:
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von hoppelstaedt »

Moin,

in meiner Literatur finde ich im Buch von Meathead Goldwyn, "Die Wissenschaft des Grillens" , dass die Maillard Reaktion und das Karamellisieren zwei der wichtigsten, aber eben verschiedene Umwandlungen des Gargutes unter der Einwirkung von Hitze sind.

Die Maillard Reaktion hängt mit Aminosäuren und Proteinen zusammen, das Karamellisieren dagegen mit Zucker und anderen Kohlehydraten.

Beides führt zum Bräunen des Fleisches, sind aber ganz andere chemische Reaktionen, obwohl sie gleichzeitig auftreten und interagieren können.
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von licht77 »

Also was ich anpeile, ist eine "knusprige Kruste wegen der Röstaromen" (innen blau, aussen Kruste, dazwischen möglichst kein Trauerrand)... mein "Rezept" hierfür ist bisher:

- trockene Oberfläche (wegen der Temp, nach Sous vide rasten lassen und mehrfach abtupfen wegen dem "nachschwitzen")
- trockene Oberfläche
- trockene Oberfläche
- trockene Oberfläche
- vorher salzen geht ok, gibt je nach Salz einen lustigen Knusper-Effekt
- je nach Fleisch die Oberfläche leicht (1mm) über Kreuz einschneiden

Wie gesagt: Mit einer Zuckerlösung hatte ich mal experimentiert -> gegenteiliger Effekt weil "feucht". Staubzucker, Backpulver -> verbrennt sehr schnell und verfälscht das optische Ergebnis aber steuert nichts zur Kruste bei (siehe mein Foto weiter oben).

Falls auch bei euch auch das Ziel "Kruste" im Vordergrund steht - was kann hier noch optimiert werden?
g0t0

Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von g0t0 »

Das Abtrocknen der Oberfläche ist auf jeden Fall sinnvoll, da ansonsten dieses Wasser als Erstes beim Bräunen verdunsten muss, ohne dass irgendwelche Maillard- oder Karamellisierungs-Reaktionen stattfinden. Erklärung ist ganz einfach: Wasser lässt sich bei Normaldruck nicht über 100°C erhitzen (tendenziell eher noch geringer, wenn man nicht grad auf 0m NN wohnt), was eben nicht für diese Reaktionen ausreicht. Folge ist dann, dass die thermische Energie insgesamt tiefer ins Fleisch geleitet wird und der graue Rand breiter wird.

Bei der Bräunung des Fleisches gibt es unterschiedliche Zonen im Fleisch, die sich mit Zeit immer tiefer ins Fleisch ziehen (hier von außen nach innen aufgelistet):
- Trockene Zone: (Fast) alles Wasser ist verdampft, die Temperatur steigt über 100°C und nähert sich immer weiter der Temperatur der Wärmequelle an
-- In einem Teil hiervon ist die Temperatur in einem Bereich, dass die Maillard-Reaktion stattfindet
- Kochzone: Hier ist die Temperatur ziemlich exakt bei 100°C, da noch genug Wasser im Fleisch ist und die Verdampfung des Wassers den Großteil der Energie aufnimmt
- Temperaturgradientzone: Hier stellt sich ein Temperaturgradient zwischen den 100°C der Kochzone und der Kerntemperatur ein, der sich immer weiter ins Fleischinnere fortsetzt.

Je länger die Hitze einwirkt, desto tiefer gehen die einzelnen Zonen natürlich.
Für eine gute Kruste könnte es also ideal sein die möglichst gut abgetrocknete äußere Schicht möglichst schnell auf ~130-160°C zu bringen und anschließend die Temperatur etwas zu reduzieren um Reaktion am Laufen zu halten, aber gleichzeitig die Pyrolyse der Oberfläche zu reduzieren. Umsetzbar wäre das vielleicht, wenn man das Fleisch mit einem Pfannenwender/Spatel nah an den Brenner bringt, kurz hält und auf einen tiefer eingeschobenen Rost legt. Anschließend dann Fleisch wenden und wiederholen. Ich habe leider noch keinen OHG, aber ich werde es mal ausprobieren, sobald meiner endlich da ist.

In der Kombination mit Sous Vide kann man noch austesten ob es Sinn macht das Fleisch (zumindest äußerlich) abzukühlen um die Eindringtiefe der Kochschicht zu minimieren.


Zur chemischen Seite:
Die Größe/Menge der Maillardreaktion hängt (zumindest zu einem gewissen Grad) von der Menge der Reaktanden, also Aminosäuren und Zucker, ab. Heißt also: je mehr Aminosäuren und Zucker zu Beginn vorhanden, desto mehr Aromastoffe können entstehen.
Da die Reaktion nicht nur oberflächlich passiert, sondern auch in den äußeren 0.5-1mm, macht es vielleicht mehr Sinn das Fleisch (vor oder nach dem Sous Vide Schritt) in eine Zucker-Salz-Backpulver-Lösung einzulegen, sodass sich die Konzentration der Zucker und der pH-Wert etwas mehr Richtung Idealbedingungen verschiebt. Welche Konzentrationen, Zuckerarten (Glucose, Fructose, Saccharose, ...) und Einwirkzeiten dafür am besten sind müsste man noch klären.
Einlegen sollte auch das Verbrennen der aufgebrachten Pulver umgehen [mention]licht77[/mention].

So viel erstmal zur theoretischen Betrachtung, ob das alles praktikabel ist und der Aufwand dem Nutzen entspricht ist eine andere Frage. Wem das zu wissenschaftlich ist, der kann das Fleisch ja auch einfach so unter den OHG legen - schmecken wirds trotzdem ;)
Aber wenn wir schon mit Sous Vide anfangen, dann kann man auch noch einen Schritt weitergehen und den Bräunungsschritt versuchen zu optimieren.
Wirklich abgehoben wird es wahrscheinlich dann erst mit CryoFrying, also das kurzzeitige Eintauchen in flüssigen Stickstoff, vorm Bräunungsschritt. Vor allem ist das für den Alltag eines Hobbykochs etwas unpraktikabel und übertrieben. ;) Oder will jemand eine Sammelbestellung von Dewars und einen Sammelvertrag für flüssigen Stickstoff organisieren? :D
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von licht77 »

Danke - sehr gut zusammengeschrieben!

Sehe ich das richtig, dass es für das (oder zumindest mein) Ziel also eh ein Quatsch wäre, etwas "aufzutragen" -> wenn, dann vorher einlegen. Die Gelegenheit dazu bietet sich womöglich während des SV Badens - aber als Fleischpurist wird mir bei dem Gedanken schwindelig das Fleisch zu "marinieren" :)

Aber ich fände das sehr spannend, wenn das hier wer empirisch nachstellen würde!

Und falls jemand auch noch einen empirischen Beleg dafür bringt, dass das halten eines speziellen Temperaturbereichs an der Fleischoberseite besser ist (für die Kruste / Geschmack) als "volle Kanne" -> dann baue ich einen entsprechenden Regelkreis dafür! (Arduino, Gasventil-Aktor, Pyrosensor könnte ich mir vorstellen...)
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von DeLorean »

Das halten von 150-160 Grad an der Oberfläche leuchtet mir nicht wirklich ein... das würde jeglichen Oberhitzegrill doch in der Konsequenz zum untauglichen Gerät machen.
Ciao
Andreas

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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von g0t0 »

licht77 hat geschrieben: Do 24. Mai 2018, 10:30 Sehe ich das richtig, dass es für das (oder zumindest mein) Ziel also eh ein Quatsch wäre, etwas "aufzutragen" -> wenn, dann vorher einlegen. Die Gelegenheit dazu bietet sich womöglich während des SV Badens - aber als Fleischpurist wird mir bei dem Gedanken schwindelig das Fleisch zu "marinieren" :)
Das sehe ich zumindest so. Das Fleisch direkt vorm Bräunen mit Zucker und Backpulver zu bestreuen macht in meinen Augen nicht viel Sinn, da das dann erstens nur an der Oberfläche und nicht im der äußeren Schicht des Fleisches ist, und zweitens dem Zucker streng genommen auf der Oberfläche die Aminosäuren für die Maillardreaktion fehlen.
Natürlich werden auch trocken aufgebrachte Stoffe ins Fleisch diffundieren, allerdings passiert das eher langsam.

Während des SV-Bades wäre eine Möglichkeit, hebt allerdings die Schwierigkeit des Vakuumierens und sorgt dafür, dass das die Lake tief ins Fleisch eindringt. Das ist ja nicht unbedingt gewünscht.
Ich würde es vielleicht zu Beginn mit einer etwas höher konzentrierten Lake (höhere Konzentration --> stärkere Diffusion --> kürzere Behandlungszeit und ein in dem Fall wünschenswertere dünne behandelte Schicht und weniger Diffusion in tiefere Schichten) versuchen.
Als Startpunkt würde ich es wahrscheinlich mit folgendem versuchen:
100% Fleisch
100% Wasser
20% Zucker
20% Salz
1-10% Backpulver/Natriumhydrogencarbonat (hier bin ich mir am unsichersten, was sinnvoll ist...)
Zeit: 5-30min (versuchsreihe)
Anschließend wieder gut Abtrocknen und auf den OHG.

Die Anteile beziehen sich aufs Fleischgewicht, also z.B. 500g Fleisch, 500g Wasser, 100g Zucker, 100g Salz, 5-50g Backpulver. Die Lösung kann man sicher auch einige tage gekühlt aufbewahren und wiederverwenden, falls jemand den relativ hohen Materialaufwand bemängelt. Das Fleisch ist nach dem SV-Bad ja pasteurisiert.

Kann aber auch sein, dass das alles totaler Quatsch ist :D


Du "marinierst" nicht, sondern legst in eine eher schwache wasserbasierten Lake ein :D (im englischen "brining"). Als Steigerung davon kommt dann das Pökeln (engl. "curing"), was effektiv das gleiche ist, jedoch zu höheren (Salz/Zucker-)Konzentrationen im Fleisch und damit auch struktureller Änderung führt.
Marinieren passiert in einer oftmals ölbasierten, stark gewürzten, teilweise sauren oder alkoholhaltigen Lösung mit dem Ziel einer deutlichen Geschmacks- und evtl auch Texturänderung.
Falls du dich durch eine bloße Begriffsdefinition beruhigen lassen willst... :D
licht77 hat geschrieben: Do 24. Mai 2018, 10:30 Aber ich fände das sehr spannend, wenn das hier wer empirisch nachstellen würde!
Werde ich bei Gelegenheit mal ausprobieren, wenn der OHG zuverlässig läuft und ich damit etwas Erfahrung gesammelt habe.
licht77 hat geschrieben: Do 24. Mai 2018, 10:30 Und falls jemand auch noch einen empirischen Beleg dafür bringt, dass das halten eines speziellen Temperaturbereichs an der Fleischoberseite besser ist als "volle Kanne" -> dann baue ich einen entsprechenden Regelkreis dafür! (Arduino, Gasventil-Aktor, Pyrosensor könnte ich mir vorstellen...)
Kriegt man dadurch die Temperatur knapp unter den Brennern wirklich tief genug runter? Meine Vermutung wäre, dass man nicht arg viel über 200-400°C sein dürfte. Das ist aber reine Spekulation und wird den OHG-Fans nicht gefallen, wenn es so ist. :twisted:

Und beim schreiben kam auch für den Missgefallen direkt der Beweis: :D :D
DeLorean hat geschrieben: Do 24. Mai 2018, 11:15 Das halten von 150-160 Grad an der Oberfläche leuchtet mir nicht wirklich ein... das würde jeglichen Oberhitzegrill doch in der Konsequenz zum untauglichen Gerät machen.
Ich sage ja nicht, dass es das Optimum IST... für mich aber auf Grund der erläuterten theoretischen Überlegungen einleuchtend, wenn es bloß um die Maillard-Reaktion, ohne dabei deine starke Weitergarung unter der Kruste zu erzeugen, geht. Vielleicht ist auch ein perfektes Timing bei sehr hoher Temperatur effektiver. Versuchen kann man es aber.
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von DeLorean »

Ich schildere mal meine praktische Erfahrung:

Steak bei voller Hitze soweit oben wie möglich auf beiden Seiten 40-80 Sekunden (kommt aufs Fleisch und die Vorbereitung an) grillen und Du erreichst tolle Röstaromen ohne nennenswerten grauen Rand und nur geringe Steigerung der KT (max. 1-2 Grad). Das mit der KT stimmt so natürlich nur bei dickeren Stücken nicht bei so was dünnem wie nem Flank-Steak.

So sieht dann zB ein Flank (aus dem Kühlschrank auf den Grill) nach 2x 80 Sekunden aus:
Flank.jpg
Flank.jpg (93.9 KiB) 10614 mal betrachtet
Mehr als das was Du da mittig an grauem Rand siehst (ca. 1mm) hast Du bei anderem Fleisch mit entsprechender Behandlung auch nicht.
Ciao
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von g0t0 »

Das es auch ohne heckmeck geht hat ja auch keiner bezweifelt ;)
Die Diskussion wurde durch die "Maillard-Enhancement"-Mischung aus unter anderm Zucker und Backpulver angeregt und bedient die Fragestellung "Gehen mehr Röstaromen durch Beeinflussung der Maillard-Reaktion ohne den grauen Rand weiter ins Fleisch zu treiben?"

Die Bräunung und damit die Röstaromen entstehen eben bei 130-160°C und nicht bei 800°C, deshalb hatte ich die These aufgestellt, dass es von Vorteil sein könnte die die Temperatur in einem zweiten Schritt etwas zu reduzieren. Ob das hilfreich ist oder nicht lässt sich durch ein Experiment ja recht einfach klären.

Letztendlich wäre ich aber auch froh, wenn das einfachste Prinzip gewinnt und es das Beste ist, so lange direkt unter dem Brenner zu bruzzeln bis einem der Bräunungsgrad gefällt und das dann auf der anderen Seite zu wiederholen ;)
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von DeLorean »

Sehe ich das falsch wenn ich sage die 160-180 sind nicht die Außentemperatur sondern die Fleischtemperatur bei der Maillar-Reaktion ?

Meine These dazu: mehr Röstaromen gehen nur wenn mehr Fleischanteil die Maillard-Reaktion widerfährt. Da vollkommen unabhängig vom Abstand des FLeischs zur Hitzequelle ja die Oberfläche des Fleisch nicht größer wird müsste also denknotwendig die Maillard-Reaktion weiter ins Fleisch eindringen um mehr (gewünschte) Röstaromen zu erreichen. Daraus folgert dann aber zwangsläufig auch der graue/braune Rand.

Ganz extrem Gedacht müsste man also das Fleisch bis zum Kern der Maillard-Reaktion aussetzen um möglichst viel Röstaromen zu erzeugen. Das ist aber meines Erachtens unsinnig weil a) dann das Steak außen verbrannt ist und b) well done :(

Geschmacklich lustig testen könnte man das mal in dem man nur die gebräunte Schicht von nem Steak runter schneidet und diese ohne den Rest isst... wird so für sich, davon gehe ich jedenfalls aus, nicht wirklich toll schmecken.
Ciao
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von licht77 »

DeLorean hat geschrieben: Fr 25. Mai 2018, 08:58 Da vollkommen unabhängig vom Abstand des FLeischs zur Hitzequelle ja die Oberfläche des Fleisch nicht größer wird müsste also denknotwendig die Maillard-Reaktion weiter ins Fleisch eindringen um mehr (gewünschte) Röstaromen zu erreichen.
Aus dem Grund habe ich testweise schon öfter die Oberfläche des Fleisches karomustermässig eingeschnitten (nicht tief natürlich) -> aber so vergrössert sich die Fläche natürlich beträchtlich was dann in der Knusperei endet...
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Re: Diskussion zur Maillard-Reaktion

Beitrag von g0t0 »

Ja, richtig, die Temperatur an/in der Oberfläche des Fleisches muss auf 130-160°C erhitzt werden, damit die Maillard-Reaktion verstärkt abläuft.
Ich denke es ist schwierig die Temperatur (ohne komplexe thermische Simulationen) der "trockenen Zone" abzuschätzen, da auf der einen Seite ja 800°C wirken, auf der anderen Seite die Temperatur auf 100°C durch die noch feuchte "Kochschicht" limitiert ist. Es ist also auch Gut möglich, dass ein Großteil der trockenen Zone im Bereich von 130-160°C gehalten wird (zusätzlich durch den 100°C "kalten" Wasserdampf aus der Kochschicht gekühlt), wenn man von außen mit voller Pulle draufstrahlt. Kann aber auch sein, dass sich dieser Zustand eigentlich bei 200°C, 400°C, 600°C oder 1200°C effektiver Temperatur der Hitzeeinwirkung auf die Fleischoberfläche einstellt.
Letztendlich kann man das aber ja relativ einfach austesten. Unabhängig von den Ergebnissen ist es dann aber auch wieder individuelle Präferenz, wie man sein Fleisch verzehren möchte.

Zu deiner These: Ja, grundsätzlich ist das ein richtiger Ansatz. Allerdings ist es nur dann die einzige mögliche These, wenn man von absoluten Idealbedingungen ausgeht. Also alle vorhandenen Aminosäuren bzw. alle vorhandenen Zucker (je nachdem was im Überschuss ist) haben reagiert. Meine Vermutung (!) ist allerdings, dass nicht ausreichend Zucker im Randbereich des Fleisches sind, dass alle Aminosäuren in der Maillardreaktion reagieren und auch der pH-Wert des Fleisches nicht ideal für die Reaktion ist.
Auch hier gibt es ja die einfache Möglichkeit zu testen ob hier ein Unterschied in der Kruste und dessen Geschmack gibt. Und natürlich auch wieder die persönliche Präferenz wie viel Röstaromen man mag, ähnlich wie beim Smoken, wo es manchen nicht rauchig genug sein kann, während andere nicht gerne in einen "Aschenbecher" beißen.
Zu deinem Extremum: Ja, sinnvoll ist das bei Kurzgebratenem sicher nicht. Bei Geschmortem ist dies aber ja wieder Teil des Konzepts und hier erzeugen vor Allem Schnellkochtöpfe einen anderen Geschmack (Kochtemperatur ~120-130°C) als Niedrigtemperatur-Garen. Hier würde ich es gerade auf die höhere Temperatur schieben, die auch bis zum Kern des Fleisches wirkt und die Maillardreaktion nicht nur am Rand stattfindet.

Das mit dem Abschneiden der gebräunten Schicht ist eine gute Idee, dafür muss man ja noch nicht mal ein ganzes Steak opfern. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass durch die Beeinflussung der Maillardreaktion auch unterschiedliche Aromastoffe entstehen können, sodass dieser Test dann nicht zwingend eine absolute Aussagekraft hat.
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