Das Abtrocknen der Oberfläche ist auf jeden Fall sinnvoll, da ansonsten dieses Wasser als Erstes beim Bräunen verdunsten muss, ohne dass irgendwelche Maillard- oder Karamellisierungs-Reaktionen stattfinden. Erklärung ist ganz einfach: Wasser lässt sich bei Normaldruck nicht über 100°C erhitzen (tendenziell eher noch geringer, wenn man nicht grad auf 0m NN wohnt), was eben nicht für diese Reaktionen ausreicht. Folge ist dann, dass die thermische Energie insgesamt tiefer ins Fleisch geleitet wird und der graue Rand breiter wird.
Bei der Bräunung des Fleisches gibt es unterschiedliche Zonen im Fleisch, die sich mit Zeit immer tiefer ins Fleisch ziehen (hier von außen nach innen aufgelistet):
- Trockene Zone: (Fast) alles Wasser ist verdampft, die Temperatur steigt über 100°C und nähert sich immer weiter der Temperatur der Wärmequelle an
-- In einem Teil hiervon ist die Temperatur in einem Bereich, dass die Maillard-Reaktion stattfindet
- Kochzone: Hier ist die Temperatur ziemlich exakt bei 100°C, da noch genug Wasser im Fleisch ist und die Verdampfung des Wassers den Großteil der Energie aufnimmt
- Temperaturgradientzone: Hier stellt sich ein Temperaturgradient zwischen den 100°C der Kochzone und der Kerntemperatur ein, der sich immer weiter ins Fleischinnere fortsetzt.
Je länger die Hitze einwirkt, desto tiefer gehen die einzelnen Zonen natürlich.
Für eine gute Kruste könnte es also ideal sein die möglichst gut abgetrocknete äußere Schicht möglichst schnell auf ~130-160°C zu bringen und anschließend die Temperatur etwas zu reduzieren um Reaktion am Laufen zu halten, aber gleichzeitig die Pyrolyse der Oberfläche zu reduzieren. Umsetzbar wäre das vielleicht, wenn man das Fleisch mit einem Pfannenwender/Spatel nah an den Brenner bringt, kurz hält und auf einen tiefer eingeschobenen Rost legt. Anschließend dann Fleisch wenden und wiederholen. Ich habe leider noch keinen OHG, aber ich werde es mal ausprobieren, sobald meiner endlich da ist.
In der Kombination mit Sous Vide kann man noch austesten ob es Sinn macht das Fleisch (zumindest äußerlich) abzukühlen um die Eindringtiefe der Kochschicht zu minimieren.
Zur chemischen Seite:
Die Größe/Menge der Maillardreaktion hängt (zumindest zu einem gewissen Grad) von der Menge der Reaktanden, also Aminosäuren und Zucker, ab. Heißt also: je mehr Aminosäuren und Zucker zu Beginn vorhanden, desto mehr Aromastoffe können entstehen.
Da die Reaktion nicht nur oberflächlich passiert, sondern auch in den äußeren 0.5-1mm, macht es vielleicht mehr Sinn das Fleisch (vor oder nach dem Sous Vide Schritt) in eine Zucker-Salz-Backpulver-Lösung einzulegen, sodass sich die Konzentration der Zucker und der pH-Wert etwas mehr Richtung Idealbedingungen verschiebt. Welche Konzentrationen, Zuckerarten (Glucose, Fructose, Saccharose, ...) und Einwirkzeiten dafür am besten sind müsste man noch klären.
Einlegen sollte auch das Verbrennen der aufgebrachten Pulver umgehen [mention]licht77[/mention].
So viel erstmal zur theoretischen Betrachtung, ob das alles praktikabel ist und der Aufwand dem Nutzen entspricht ist eine andere Frage. Wem das zu wissenschaftlich ist, der kann das Fleisch ja auch einfach so unter den OHG legen - schmecken wirds trotzdem

Aber wenn wir schon mit Sous Vide anfangen, dann kann man auch noch einen Schritt weitergehen und den Bräunungsschritt versuchen zu optimieren.
Wirklich abgehoben wird es wahrscheinlich dann erst mit CryoFrying, also das kurzzeitige Eintauchen in flüssigen Stickstoff, vorm Bräunungsschritt. Vor allem ist das für den Alltag eines Hobbykochs etwas unpraktikabel und übertrieben.

Oder will jemand eine Sammelbestellung von Dewars und einen Sammelvertrag für flüssigen Stickstoff organisieren?
